6,6 Milliarden für Daimler: Krisengewinner oder Nutznießer der Pandemie?

Wie laut waren doch die Rufe nach staatlicher Hilfe im März 2020. Ohne wirtschaftliche Unterstützung wie Kurzarbeitergeld oder Prämien für Autokäufe wäre Daimler kaum in der Lage, die Pandemie und die mit dieser einhergehende wirtschaftliche Krise zu überstehen. Doch nun zeigt sich, dass der Konzern mit einem satten Gewinn aus dem Vorjahr aufwarten kann, von dem vor allen diejenigen profitieren, die bereits an den Aktienmärkten einen immensen Kursanstieg zu ihren finanziellen Gunsten nutzen konnten: die Aktionärinnen und Aktionäre. Sie haben daher gleich in doppelter Hinsicht von der Krise profitiert. Vom kurzzeitigen Einbruch, der den Erwerb von Daimler-Aktien zu niedrigen Börsenpreisen mit anschließendem Boom ermöglichte sowie von den nun winkenden Dividenden, die an die Aktionärinnen und Aktionäre ausbezahlt werden sollen. Der kapitalistische Traum vom einfachen Reichtum wird so ermöglicht, allerdings nur für diejenigen, die sich derlei Spekulationen leisten können. Am 18. März 2020 kostete die Aktie 22,09 Euro, heute mit 65,50 Euro beinahe das Dreifache. 

Wer nun aber denkt, dass der Konzern, der ja von der staatlichen Corona-Hilfe profitierte – und nicht nur vom Export nach China – Ambitionen zeige, sich für die erhaltene Unterstützung erkenntlich zu zeigen, der irrt. Nicht der Staat wird von der positiven Bilanz, die es ja unbedingt und vor allen anderen Dingen zu sichern galt, profitieren, um die wirtschaftliche Belastung der aktuellen Krise abzufedern, sondern diejenigen, die sich jetzt auf Dividenden freuen können. Die Frage nach der Gerechtigkeit in dieser Rechnung erübrigt sich. Vielmehr wird wieder einmal deutlich, dass der Schutz des kapitalistischen Systems nicht der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit zu Gute kommt, sondern denjenigen, die von den Krisen unserer Zeit in jedweder Hinsicht profitieren. Dahingehend stellt sich gleichzeitig und ebenso zeitgemäß die Frage, ob wir weiterhin einen Staat befürworten, der den Reichen hörig ist und gegen jede Vernunft diejenigen hofiert, die in der Krise jammern, im Falle satter Gewinne aber keinerlei Neigung oder Willen zeigen, zum Wohle der Gesamtgesellschaft zu handeln. 

Es bedarf in diesem Fall auch keines Wirtschaftsweisen, um zu zeigen, dass die Rechnung von Daimler eine einfache ist: nur dann um Hilfe rufen, wenn es abwärts geht. Wenn Gewinne eingefahren werden, dann ist der Staat zweitrangig. Er soll und darf zwar in manchem Fall als stiller Aktionär am Profit teilhaben, mit Blick auf Auflagen und Forderungen wird jedoch Zurückhaltung verlangt. Und so wird eine Branche, die sich seit Jahren dem notwendigen, auch klimapolitisch notwendigen Wandel verschließt, noch belohnt. Erst profitierte Daimler durch indirekte Staatsfinanzierung zum Erhalt eines überholten Produktions- bzw. Geschäftsmodells, nutzte die staatlichen Finanzspritzen gleichzeitig aber skrupellos aus und verschließt sich nun etwaiger Kritik. Ist Daimler ein Krisengewinner? Wenn man sich den ungebremsten Anstieg des Aktienkurses des Unternehmens betrachtet, dann kann die Frage sicherlich nur bejaht werden. Gleichzeitig sollte aber unbedingt darauf hingewiesen werden, dass der Konzern als Nutznießer der Pandemie gelten muss. Wenn die volle Tragweite der Pandemie mit ihren wirtschaftlichen Folgen zu Buche schlagen wird, wenn viele Soloselbständige vor dem Ende ihrer Existenz stehen, weil sie keine ausreichenden Hilfen erhalten, dann werden wir uns fragen müssen, ob es sinnvoll war, Konzerne wie Daimler mit Steuergeldern zu unterstützen. Von Gerechtigkeit und Solidarität kann im vorliegenden Fall also kaum die Rede sein. Solange die Politik den Fortbestand kapitalistischer Ausbeutungsmechanismen garantiert und sogar bereit ist, diese durch die Bereitstellung von Steuergeldern zu erhalten, dann kann ein grundlegender Wandel nicht erreicht werden. Es bedarf also eines umfassenden Umdenkens und eines auf Solidarität und Gleichheit basierenden Grundkonsenses der Gesellschaft, damit derlei Ungerechtigkeiten in Zukunft mehr Fragen aufwerfen und Kritik hervorrufen, als es die 6,6 Milliarden von Daimler momentan tun.

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