Gerade hat die CDU/CSU ein Wahlprogramm beschlossen, das viel verspricht, aber nur wenig erklärt, wie das Versprochene umgesetzt werden soll. Markus Söder will nach der erfolgreichen Wahl sehen, was sich wirklich umsetzen lässt. Da fragen sich sicherlich einige Wähler*innen, ob es reicht, ein Wahlprogramm als eine Absichtserklärung zu verstehen. Im Sinne des „Schau mer ma, was geht“ wird hier versucht, Kritik an einem soliden Wahlprogramm zu vermeiden. Eine Festlegung bietet vielleicht eine zu große Angriffsfläche. Das Umfragehoch der Grünen wurde nicht zuletzt aufgrund zu unangenehmer Kosten vorschnell beendet. Der Klimawandel ist das Problem des 21. Jahrhunderts. Diese Krise lässt sich allerdings nicht mit Absichtserklärungen meistern, weshalb es konkrete Ansätze braucht. Dass diese jede/n Verbraucher*in miteinbeziehen, also aller Voraussicht nach etliche Mehrkosten verursachen werden, sollte nicht verschwiegen werden.
Wer allerdings erklärt, es werde teuer am Zapfhahn, der läuft Gefahr sich unbeliebt zu machen. Vor allem bei vielen der entscheidenden Wähler*innen, den älteren Menschen, die ihren hart erarbeiteten Wohlstand, am besten in Form eines SUVs jetzt auch auf die Straße bringen wollen. Und so ein Auto kostet nicht nur viel, es verbraucht auch mehr. Status muss ja irgendwie auch kosten, sonst wäre es ja nichts Vorzeigbares. Die Union schaut beim Klima also erst einmal, was die Wahl bringt und welche der Wahlversprechen am Ende umgesetzt werden müssen. Nach frischem Wind sieht das nun wirklich nicht aus.
Doch Vorsicht: Die CDU/CSU muss sich nicht neu erfinden. Sie muss nur hoffen, dass dem Gros der Wähler*innen konkrete Pläne egal sind, solange diese nicht zur Besteuerung der Reichen und zum echten Klimaschutz beitragen. Keine Steuererhöhungen: garantiert nicht mit der Union. Kann der Klimawandel so gestoppt werden? Wahrscheinlich nicht. „Aber das müssen ja auch nicht immer die Deutschen tun,“ denn, so der Tenor oft weiter, „nur weil sich hier etwas ändert, wird andernorts trotzdem weiter die Umwelt verschmutzt.“ Die Vorbildfunktion und positive Stimulation von globaler Veränderung spielt keine Rolle. Deutschland ist und bleibt einig Steueroase, zumindest für Unternehmen und diejenigen, die trotz höherer Steuern nicht arm würden.
Es handelt sich demnach um ein Grundsatzproblem: Klimakrise stoppen, aber nichts dafür zahlen. Deshalb auch ein Wahlerfolg ohne Ehrlichkeit, schließlich kann ein/e „ehrliche/r Politiker*in“ – als ob es so etwas überhaupt noch gibt – nicht sagen, es würde sich nach der Wahl dem Klimaproblem gewidmet, ohne auf die immensen Kosten, die damit verbunden sind, auszuweisen. Denn bei der Erfüllung von Wahlversprechen wird die Union doch tunlichst auf die Erfüllung der Forderungen pochen, die ihrer Wähler*innenklientel entsprechen. In diesem Sinne bleiben sich die nun wieder versöhnten Schwesterparteien treu. Aber ernsthaft, erwarten Sie etwa Ehrlichkeit. Aus den Reihen dieser Parteien? Ich möchte doch bitten.
Dass gleichzeitig auf Fehler im Lebenslauf der grünen Spitzenkandidatin hingewiesen und diese als Sensationsmeldung aufgebauscht werden, sagt einiges über das Missverhältnis zur Wahrheit auf. Die CDU/CSU sparte nicht an Rüge, aber hält es selbst mit wahrheitsgemäßen Angaben selten sehr genau. Auf alle Skandale (Amigos, Masken, etc.) einzugehen, führte hier zu weit. Aber es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass gerade in Wahlkampfzeiten die Wahrheit nur dann populär zu sein scheint, wenn sie dem politischen Gegner schadet und von echten Grundsatzproblemen ablenkt. Wenn Annalena Baerbock schließlich zum Öko-Moses einer „grünen Ideologie“ stilisiert wird, um mit Kostenfurcht und dem Verlust angestammter deutscher Freiheitsrechte – „Du darfst nicht…“ – dann verkennt das nicht nur die Tragweite der aktuellen Klimakrise, sondern heißt gleichzeitig, dass die zur Lösung derselben benötigten Kosten kleingeredet werden. Die Wähler*innen entscheiden bald, wie es in Deutschland weitergehen soll. Dass diese Entscheidung auch eine zwischen unsicheren Versprechen und einer unschönen, aber ebenso unvermeidlichen Wahrheit sein wird, sollte bis dahin allen mehr als bewusst sein. Nur gemeinsam und als Gesellschaft, die bereit ist, Opfer für eine bessere Zukunft für alle zu bringen, können wir die uns aktuell konfrontierenden Krisen meistern. Dazu bedarf es jedoch gleichfalls eines Eingeständnisses, dass vage Versprechungen selten zu echter Veränderung führen.
Ergänzung vom 30.6.2021
Eine Frage der Ehrlichkeit stellt sich leider nun auch im Zusammenhang mit einem möglichen Plagiat der Parteivorsitzenden der Grünen, der die eigentlichen Probleme zu überschatten und die Glaubwürdigkeit der „Klimapartei“ in Mitleidenschaft ziehen könnte. Es wird sich zeigen, welche Folgen dieser Umstand nach sich ziehen wird.